Jugendliche der FF Seugast sind Gast bei der großen Gedenkstunde zum Volkstrauertag im Deutschen Bundestag

13. November 2022
Europäisches Jugendprojekt Oberpfalz e.V beendet Jubiläumsjahr mit einer Dreitagesfahrt nach Berlin - Höhepunkt ist die Teilnahme an der zentralen Gedenkstunde zum Volkstrauertag im Deutschen Bundestag.

Bericht für AZ und Gemeindezeitung von Norbert Bücherl

Mit einem internationalen Projektwochenende in der Bundeshauptstadt Berlin schloss das Europäische Jugendprojekt Oberpfalz e.V. mit Teilnehmern aus sechs Nationen (Deutschland, Frankreich, Indien, Polen, Tschechien und den USA) das Jubiläumsjahr zum 20-jährigen Bestehen unter dem Motto des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge „Versöhnung, Verständigung, Freundschaft – über Grenzen hinweg“ erfolgreich ab. Höhepunkt dieser dreitägigen Fahrt war die Teilnahme an der zentralen Gedenkstunde zum Volkstrauertag des Volksbundes im Plenarsaal des Deutschen Bundestages im geschichtsträchtigen Reichstagsgebäude.

Früh aufstehen musste die siebenköpfige tschechische Delegation aus der mit dem Markt Freihung seit diesem Jahr partnerschaftlich verbundene böhmische Kleinstadt Plasy (ca. 20 Kilometer nördlich von Pilsen gelegen) unter der Leitung der Schuldirektorin vom SOS-Gymnasium Lorenzová Markéta und Deutschlehrerin Katerina Müllerová, um pünktlich zur Abfahrt um 7 Uhr in Freihung in den von Marktrat Oliver Schmidt gesteuerten Reisebus einsteigen zu können. Zur Mittagszeit erreichte die Reisegruppe nach der obligatorischen Mittagsverpflegung mit Wiener Würstchen am Bus die Bildungs- und Begegnungsstätte Halbe des Volksbundes in Brandenburg etwa 60 Kilometer südlich von Berlin. Nach einer pädagogischen Einführung durch den Landesgeschäftsführer Oliver Weishaupt besichtigte man den angrenzenden, sieben Hektar großen Waldfriedhof, auf dem über 26.000 Kriegstote, Soldaten wie Zivilisten, zumeist Opfer in der Kesselschlacht um Halbe im Frühjahr 1945, ihre letzte Ruhestätte fanden. Mit einer kurzen Andacht durch den Freihunger Pfarrer Benny Joseph und einem gemeinsamen „Vater unser“ erinnerten sich die Teilnehmer am Hochkreuz des Friedhofs der unzähligen Kriegstoten, auch die der Neuzeit wie aktuell in der Ukraine, und legten jeweils eine weiße Rose zum Gedenken auf einzelne Grabstellen „unbekannter Soldaten“ nieder.

Am Abend stieß die separat anreisende  französische Delegation mit Erster Bürgermeisterin Nicole Oury und Vizebürgermeister Francis Kurtz aus dem elsässischen Diemeringen sowie die mittlerweile pensionierte Deutschlehrerin Marta Hebda von der Schule für Informations- und Elektrotechnik aus dem polnischen Krakau planmäßig zur Projektgruppe im Hotel Meiniger direkt neben dem Berliner Hauptbahnhof.

Im Mittelpunkt des zweiten Tages der Bildungsreise standen Museumsbesuche auf dem Programm. Am Vormittag besichtigten die Teilnehmer die Gedenkstätte „Berliner Mauer“ an der Bernauer Straße. Nach einer informativen  Einführung im Museum anhand zweier Dokumentationsfilme, wurden die Teilnehmer danach in zwei Gruppen aufgeteilt durch geschultes Museumspersonal durch die örtliche Gedenkstätte im Freigelände geführt und im Detail der schematische Aufbau der trennenden Mauer zwischen Ost- und Westberlin in der Zeit von 1961 bis 1989 erläutert. Nachdenklich stimmte die Gruppe besonders die Erinnerungsstätte der Maueropfer mit bildlichen Darstellungen, darunter auch mehrere Kinder im Vorschulalter. Mit einer kurzen Stadtrundfahrt, moderiert vom stellvertretenden Projektleiter Gerd Müller, über den Alexanderplatz, der Prachtstraße Unter den Linden, dem Gendarmenmarkt und dem berühmten vormaligen Kontrollpunkt Checkpoint Charlie in der Friedrichstraße gelangte die Gruppe zum Potsdamer Platz, um am Nachmittag das erst im Juni 2021 eröffnete Dokumentationszentrum „Flucht, Vertreibung und Versöhnung“ zu besichtigen. Hierin wird auf zwei Etagen eindrucksvoll über die Auswirkungen und Folgen von politischen, ethnischen und religiös begründeten Zwangsmigrationen, vor allem die im 20. Jahrhundert in Europa und darüber hinaus, berichtet. Einen großen Raum nimmt dabei die Flucht und Vertreibung der Deutschen während und nach dem von Hitler-Deutschland angezettelten 2. Weltkrieg ein.   

Der Projektabend im Gasthaus „Hopfingerbräu“ neben dem Brandenburger Tor begann mit einem gemeinsamen Abendessen. Danach blickte Vorsitzender und Projektleiter Hartmut Schendzielorz auf die 20-jährige, bewegte Geschichte des Jugendprojekts vom Start 2002 bis heute in Auszügen zurück. Er zeigte sich sehr dankbar und auch zutiefst bewegt, dass das von ihm ins Leben gerufene Projekt mit den Gründungspartnern Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Markt Freihung und der französischen Gemeinde Diemeringen aus dem Elsass, den vier örtlichen Feuerwehren (FF) und den danach dazugekommenen internationalen Partnern aus Polen und Tschechien über zwei Jahrzehnte mit dem Grundmotto des Volksbundes „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“ herausragende Jugendarbeit leisten konnte. Ohne die Unterstützung dieser zahlreichen Partner und der weiteren Mitglieder in der Projektleitung wäre dieses international ausgerichtete Vorhaben nicht umsetzbar gewesen, betonte der Vereinsvorsitznde vor der Übergabe der Ehrengaben an die anwesenden Vertreter.

Stellvertretend für alle Projektpartner ergriff Richard Glombitz, stellvertretender Bezirksvorsitzender des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge das Wort. In seiner Laudatio würdigte er das in Bayern einmalige Projekt mit Alleinstellungsmerkmal. Hartmut Schendzielorz hat das EJPO 20 Jahre lang vorbildlich organisiert, geleitet und gelebt. Mit dieser hervorragenden  Jugendarbeit trat man für Frieden, Freiheit, Demokratie und Verständigung in Zusammenarbeit mit dem Volksbund zusammen mit den anderen Partnern ein. Viele interessante Projekte haben diese Ziele befördert, erfahr- und erlebbar gemacht. „Zahlreiche Ehrungen in diesen 20 Jahren  haben bewiesen, dass Hartmut Schendzielorz als Motor und Seele des Projektes, Großes geleistet und vollbracht hat“, schloss der vormalige Abteilungsdirektor an der Regierung der Oberpfalz seine anerkennenden Lobesworte.

Die Teilnahme an der zentralen Gedenkstunde zum Volkstrauertag des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge am Sonntag im Plenarsaal des Deutschen Bundestages stellte den Höhepunkt der Bildungsreise nach Berlin dar. Auf besondere Einladung des Volksbundpräsidenten General a.D. Wolfgang Schneiderhan, der sich beim abschließenden Empfang auch zu Gesprächen mit der Projektleitung und Jugendlichen persönlich Zeit nahm, durfte das Jugendprojekt mit der gesamten Reisegruppe auf der Tribüne im ehrwürdigen Reichstagsgebäude Platz nehmen. Dieser Gedenkveranstaltung ging eine umfangreiche, zweisündige Führung mit abschließendem Besuch der Reichstagskuppel und ein kurzer Abstecher in die Bundestagscafeteria voraus.

Mit den fragenden Worten „Nie wieder Krieg?“ begann die Einführungs- und Begrüßungsrede von Präsident Schneiderhan, der die zerstörte Hoffnung und Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in den Mittelpunkt der Gedenkstunde stellte. Als „globales“ Vorbild bezeichnete der lettische Staatspräsident und Hauptredner Egils Levits die deutsche Vergangenheitsbewältigung nach dem 2. Weltkrieg. „Die Deutschen haben den Weg in eine grenzüberschreitende Rechts- und Wertegemeinschaft nach 1945 geebnet. Russland sei ein krasses Gegenbeispiel dazu“, betonte der lettische Ehrengast. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte nannte Levits den tiefen Grund für den Zusammenhalt der Europäischen Union, des gesamten Europas  und des Westens im weiteren Sinne. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union verglich der Gastredner mit einem Gütesiegel, das nicht entwertet werden dürfte. Er gedachte zum Schluss der Opfer in der Ukraine und bekräftigte den Willen in einem vierfachen „Nie wieder! - Nie wieder Angriffskrieg, Völkermord, Unfreiheit und Unrechtsregime!“

Landrat Richard Reisinger, Vizepräsident des Volksbundes, begrüßte die Projektteilnehmer beim anschließenden Empfang und dankte der Projektleitung für 20 Jahre herausragende Jugendarbeit im Sinne des Volksbundes. Gleichzeitig dankte er zusammen mit dem stellvertretenden Generalinspekteur der Bundeswehr, Generalleutnant Markus Laubenthal (den Oberpfälzern bestens aus seiner Zeit von 2012 bis 2014 als Brigadekommandeur der Panzerbrigade 12 in Amberg bekannt), dem teilnehmenden Kommandeur des mit dem Markt Freihung seit über 15 Jahre partnerschaftlich verbundenen Versorgungsverbandes, 18. Combat Sustainment Support Battailon aus Grafenwöhr, Lieutenant Colonel John Abella für deren truppeninterne Sammlungen Jahr für Jahr zum Wohle deutscher Soldatengräber. In diesen Dank schlossen beide auch die Sammler der Reservistenkameradschaften und die vom Bayerischen Soldatenbund, der durch den Kreisvorsitzenden Oberstleutnant der Reserve Norbert Bücherl vertreten wurde, mit ein.           

Text u. Bilderrechte: Norbert Bücherl